Im Rahmen des Erschließungsermessens zur Festsetzung eines Verspätungszuschlags kann u. a. von Bedeutung sein, ob sich aus der Veranlagung eine Nullfestsetzung, Nachzahlung oder Steuererstattung ergibt. So entschied das Finanzgericht Münster (Az. 4 K 2351/23).
Im Streitfall führte die am 29.03.2023 durch die Steuerberaterin des Klägers eingereichte Einkommensteuererklärung 2020 zu einer Einkommensteuererstattung. Das Finanzamt setzte einen Verspätungszuschlag in Höhe von 175 Euro fest, da die Steuererklärung erst nach Ablauf der Abgabefrist (31.08.2022) abgegeben worden sei. Der Kläger machte mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch u. a. geltend, dass er seine Steuererklärung erstmalig und letztmalig geringfügig verspätet abgegeben und die Veranlagung zu einer Erstattung geführt habe. Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück, gemäß § 152 Abs. 1 AO könne ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung sei abzusehen, wenn die Verspätung entschuldbar sei, was im Streitfall nicht vorlag. Daher sei ein Mindestverspätungszuschlag von 25 Euro/Monat für sieben angefangene Monate der Verspätung (= 175 Euro) festgesetzt worden. Nach Ansicht des Finanzamtes kommt es nach § 152 Abs. 1 AO (neue Fassung) nur auf die verspätete Abgabe und das Verschulden für die Verspätung an. Andere Ermessenskriterien seien in die Neufassung des Gesetzes nicht aufgenommen worden.
Das Finanzgericht Münster gab der Klage statt und hob den Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags auf. Nach Auffassung des Gerichts hat sich im Streitfall die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nach der Ermessensvorschrift des § 152 Abs. 1 AO gerichtet. Es habe kein Fall einer gebundenen Entscheidung nach § 152 Abs. 2 AO vorgelegen, da die Einkommensteuerfestsetzung zu einer Steuererstattung geführt habe. Das Finanzamt habe vorliegend sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, da allein auf die verspätete Abgabe und das Verschulden des Klägers abgestellt worden sei. Eine Heilung sei nicht in Betracht gekommen, da das Finanzamt erstmals im Klageverfahren Ausführungen zu den anderen Ermessenserwägungen angestellt habe. Die Richter haben die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
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